Dr. Storch als Experte für Schließfacheinbrüche im Versicherungsjournal!

Millionen-Coup Lübeck: Wer haftet bei einem Einbruch in Bankschließfächer?

26.2.2025 – Kurz vor Weihnachten raubten Einbrecher mehr als 300 Bankschließfächer in einer Filiale der Deutschen Bank aus. Ob ein Finanzinstitut in solchen Fällen die Betroffenen zu entschädigen hat, ist nicht ganz einfach zu beantworten. Daher raten Experten zum Abschluss einer Schließfachversicherung.

Am 20. Dezember 2024 betraten gegen Mittag vier Personen eine Filiale der Deutsche Bank AG in der Innenstadt von Lübeck. Sie trugen lange Mäntel, Atemschutzmasken und Kopfbedeckungen, zwei von ihnen zogen große Rollkoffer hinter sich her.

Auf den Bildern der Überwachungskamera ist nicht eindeutig zu erkennen, ob es sich um Frauen oder Männer handelt. Die Personen verschwanden in dem hinteren Bankbereich. Gegen 13.00 Uhr wurde die Bankfiliale abgeschlossen, die Mitarbeiter verabschiedeten sich ins Wochenende.

Doch die vier Personen kamen an diesem Tag nicht mehr heraus. Am nächsten Tag waren 326 Schließfächer aufgebrochen, Geld und Wertsachen im Wert von zehn Millionen Euro wurden entwendet. Von den vermeintlichen Tätern fehlt jede Spur. Die Bild-Zeitung titelte: „10-Millionen-Raub: unfassbar, wie leicht es die Täter hatten“.

Bank muss nicht automatisch betroffene Kunden entschädigen

Thomas Storch (Bild: privat)
Thomas Storch (Bild: privat)

Der Einbruch in Lübeck wirft die Frage auf: Wer haftet nach einem Einbruch in Bankschließfächer? Denn es ist ein Irrglaube, dass ein Geldinstitut automatisch betroffene Kunden entschädigen muss.

Tatsächlich waren die Wertsachen auch im vorliegenden Fall nicht über die Bank versichert, wie die SHZ Schleswig-Holsteinischer Zeitungsverlag GmbH & Co. KG berichtet.

„Banken und Sparkassen lehnen leider jegliche Haftung ab und verweisen darauf, dass eine Inhaltsversicherung durch die Kunden hätte abgeschlossen werden müssen“, erklärt Rechtsanwalt Dr. Thomas Storch von der Berliner Kanzlei Dr. Storch & Kollegen dem VersicherungsJournal.

„Juristisch haften Banken nur dann, wenn ihnen Verstöße gegen Sicherungspflichten, dem sogenannten Gebot der tresormäßigen Sicherung, nachgewiesen werden können“, ergänzt der Fachanwalt.

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Deutsche Bank will Geschädigte wohl nicht entschädigen

Aus Kreisen der Deutschen Bank ist zu hören, dass man nach derzeitigem Stand davon ausgehe, keine Sorgfaltspflichten verletzt zu haben. Öffentlich hierzu äußern wollte sich das Bankhaus aufgrund der polizeilichen Ermittlungen aber nicht.

„Wir bedauern diese Situation für unsere Kunden außerordentlich und unterstützen uneingeschränkt die Ermittlungen der Polizei, um einen möglichen Schaden bei betroffenen Kunden einzudämmen“, teilt ein Sprecher dem VersicherungsJournal mit.

Fachanwalt Storch berichtet, dass sich bereits Betroffene an ihn gewendet hätten, um juristisch gegen die Deutsche Bank vorzugehen. „Wir haben Geschädigte aus Lübeck, die wohl klagen werden müssen. Ohne Akteneinsicht lassen sich die Erfolgsaussichten derzeit noch nicht zuverlässig einschätzen“, sagt er. Bisher habe die Staatsanwaltschaft Lübeck die Akte trotz Antrag noch nicht zur Verfügung gestellt.

Verbraucherzentrale: Haftung hängt von den Vertragsbedingungen ab

Dass die Frage, ob und in welchem Umfang die Deutsche Bank in vorliegendem Fall haftet, nicht einfach zu beantworten ist, zu dieser Einschätzung kommt auch die Verbraucherzentrale Schleswig-Holstein e.V. (VZSH).

„Grundsätzlich hängt die Haftung der Bank von den individuellen Vertragsbedingungen für das Schließfach ab. Banken versuchen in der Regel, ihre Haftung für den Inhalt eines Schließfachs möglichst stark zu begrenzen“, berichtet Rechtsreferentin Katrin Reinhardt.

Wenn die Bank jedoch nachweislich Sorgfaltspflichten verletzt und Sicherheitsvorkehrungen vernachlässigt habe, könne sich daraus trotzdem eine Haftung ergeben. „Um dies beurteilen zu können, müssten die genauen Umstände des Diebstahls aufgeklärt und bekannt gegeben werden“, so Reinhardt.

Eine juristische Prüfung sei in diesem Fall sinnvoll, „insbesondere, wenn es Anhaltspunkte für ein Verschulden der Bank gibt“, erklärt die Juristin. Ein erfahrener Anwalt könne die Erfolgsaussichten und Kosten einer eventuellen Klage einschätzen.

Anhaltspunkte für Verletzung der Sorgfaltspflicht

Wie die Schleswig-Holsteinische Zeitung berichtet, gibt es beim Lübecker Diebstahl Hinweise darauf, dass die Bank möglicherweise nicht allen Sorgfaltspflichten nachgekommen ist. So sollen die Täter unbemerkt bis in die frühen Morgenstunden die Schließfächer geknackt haben, ohne dass ein Sicherheitsalarm ausgelöst wurde. Zudem soll in dem Raum kein Bewegungsmelder installiert gewesen sein.

Es wird auch spekuliert, ob ein Insider den Kriminellen Zugang zu den Räumlichkeiten verschafft habe. Dies könnte einen Verstoß gegen das Kreditwesengesetz (KWG) und die Compliance-Richtlinien der Bank darstellen. Banken sind gesetzlich verpflichtet, umfassende interne Sicherheitsmaßnahmen zu implementieren, um Straftaten durch Mitarbeiter zu verhindern.

Haspa vorinstanzlich zu Schadenersatz verurteilt

Die Lokalzeitung verweist auf ein Urteil, bei dem die Hamburger Sparkasse AG am 29. Juni 2023 vor dem Landgericht Hamburg zu Schadenersatz verurteilt wurde (330 O 127/22) (VersicherungsJournal Medienspiegel 3.7.2023). Der Rechtsstreit ist noch nicht abgeschlossen, die Bank legte Berufung beim Oberlandesgericht ein.

Im Fall der Haspa hatten sich Einbrecher Zugang zu den Schließfächern verschafft, indem sie einen etwa zwei Meter langen Tunnel von leerstehenden Praxisräumen oberhalb der Filiale zum Saferaum gebohrt hatten. Sie entwendeten Wertsachen im geschätzten Wert von elf bis 40 Millionen Euro.

Das Landgericht stellte fest, dass die Bank ihre Pflichten zur tresormäßigen Sicherung verletzt hatte. Die Richter betonten, dass Banken auf hochprofessionelle Täter vorbereitet sein müssen. Die Installation von Bewegungsmeldern habe nicht ausgereicht, um der Sicherungspflicht gerecht zu werden. Es fehlten zusätzliche Sicherheitsvorkehrungen wie etwa Erschütterungs- und Körperschallmelder.

Im Fall der Haspa war sogar ein Versicherungsschutz inkludiert, aber die Schadensumme auf 40.000 Euro gedeckelt. Geklagt hatte ein Mann, der behauptete, mehr als 150.000 Euro im Schließfach gelagert zu haben. Ihm wurden vor Gericht zusätzlich rund 68.000 Euro als Schadensumme zugestanden.

Hausratversicherer begrenzen Summe für Schließfächer

„Für den Versicherungsschutz ist zu prüfen, ob die eigene Hausratversicherung ein Bankschließfach mit abdeckt. Nicht bei allen Versicherungen ist dies der Fall. Auch dort, wo Bankschließfächer mitversichert sind, ist die Versicherungssumme für Schließfachinhalte meist begrenzt, zum Beispiel auf 10.000 bis 50.000 Euro“, berichtet Verbraucherzentrale-Expertin Reinhardt.

Darüber hinaus kann auch ein Grundschutz über den Baustein „Außenversicherung“ bestehen, wie der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) informiert. Jedoch ist der Schutz für Hausrat außerhalb der Wohnung in der Regel zeitlich begrenzt, zum Beispiel für zwölf Monate. Auch sind die Summen für Wertsachen und Bargeld oft stark gedeckelt.

Eigenständige Schließfachversicherung bietet umfassenderen Schutz

Sowohl GDV als auch Verbraucherzentrale empfehlen darüber hinaus, den Abschluss einer eigenständigen Schließfachversicherung zu prüfen.

„Bei sehr hohen Werten im Bankschließfach kann eine spezielle Schließfachversicherung sinnvoll sein. Auch bei diesen sollten die Bedingungen vor Abschluss jedoch gründlich geprüft werden, diese können sich von Bank zu Bank deutlich unterscheiden“, sagt Reinhardt.

„Zudem schließt die Schließfachversicherung neben Einbruchdiebstahl auch Brand und Elementarschäden wie Hochwasser ein“, ergänzt eine GDV-Sprecherin.

Was befand sich im Bankschließfach?

Wie aber weisen Geschädigte nach, was sich überhaupt im Bankschließfach befunden hat? Viele bewahren dort Bargeld, Gold oder seltene Wertgegenstände auf und möchten nicht, dass Dritte vom Inhalt ihres Schließfachs erfahren. Laut Rechtsanwalt Storch ist dies ein möglicher Streitpunkt vor Gericht.

„Die erste Hürde bei derartigen Verfahren ist immer der Nachweis des Inhalts des Schließfachs. Banken und Sparkassen führen sogenannte Schließfachprotokolle (Software), die festhalten, wer wann das Schließfach geöffnet hat. Nützliche Beweismittel sind Rechnungen, Quittungen und Zeugen, die die Herkunft der gestohlenen Gegenstände bestätigen können“, sagt der Anwalt.

Storch ergänzt: „Gerichte hören sich die Parteien an und entscheiden dann über deren Glaubwürdigkeit. Wenn die Angaben der Betroffenen widerspruchsfrei sind und das Gericht überzeugt, folgt es diesen in der Regel. Es gibt auch den Grundsatz des redlichen Kunden, etwa im Versicherungsrecht, wonach die Angaben des Versicherungsnehmers als wahr unterstellt werden können.“

„Kunden sollten den Inhalt gut dokumentieren“

Zu einer ähnlichen Einschätzung kommt auch Katrin Reinhardt. „Kunden sollten den Inhalt ihrer Schließfächer gut dokumentieren. Kaufbelege, Zertifikate oder Quittungen für Wertgegenstände helfen als Nachweis im Schadensfall.

Eine Inventarliste mit Fotos (regelmäßig aktualisieren) ist ebenfalls hilfreich. Manchmal gibt es auch Protokolle der Bank, die den Schließfachinhalt bei Anmietung oder bei Ein-/Auslagerungen festhalten“, so die Verbraucherschützerin.

Reinhardt warnt zugleich: Manche Banken oder Versicherer würden keine Bargeldlagerung erlauben oder nur bis zu einem bestimmten Betrag, so dass dort möglicherweise Versicherungsschutz für höhere Beträge entfallen kann.

Der GDV verweist darauf, dass auch die Versicherer im Vertrag festlegen, welche Schutzmaßnahmen ergriffen werden und wie Gegenstände im Schließfach zu dokumentieren sind. „Oft legen die Schließfachversicherer die Sicherungsmaßnahmen fest“, heißt es.