Meldungen über Geldwäsche gehen laut Handelsblatt zurück – doch neue Anzeigenwelle droht!

„Meldungen über Geldwäsche gehen das zweite Jahr in Folge zurück – Bei der Anti-Geldwäsche-Behörde FIU ist die Zahl der Verdachtsmeldungen gesunken, so berichtet das Handelsblatt:Daniel Thelesklaf: Der Chef der Financial Intelligence Unit in Köln sieht seine Behörde vor großen Herausforderungen. Foto: Andrea Zahler

Düsseldorf. Deutschlands Anti-Geldwäsche-Behörde Financial Intelligence Unit (FIU) verzeichnete im vergangenen Jahr deutlich weniger Verdachtsmeldungen als noch 2023. Wie das Handelsblatt aus Behördenkreisen erfuhr, sind 2024 rund 265.000 potenzielle Geldwäschefälle gemeldet worden. Das ist gegenüber dem Vorjahr mit 322.590 Fällen ein Rückgang von fast 18 Prozent.

Ein Sprecher der FIU wollte diese Zahl nicht bestätigen. Er verwies auf den Jahresbericht, der erst im Sommer veröffentlicht werde. „Vorwegzunehmen ist jedoch, dass sich das Meldeverhalten auch im Jahr 2024 weiter abgeschwächt hat“, sagte der Sprecher.

Bereits 2023 waren die Zahlen leicht rückläufig. Damit ist der Trend der Jahre zuvor gebrochen, in denen es immer mehr Verdachtsmeldungen gegeben hatte. In der Spitze verzeichnete die FIU mit Sitz in Köln im Jahr 2022 mehr als 337.000 Eingänge.

Die FIU führt den Rückgang der Meldungen vor allem darauf zurück, dass sie die meldepflichtigen Banken und Unternehmen besser geschult und sensibilisiert hat. Dadurch sinke die Zahl der Anzeigen, deren Qualität gleichzeitig steige.

Im Mai 2023 veröffentlichte die Behörde gemeinsam mit der Bafin und der Anti Financial Crime Alliance ein Eckpunktepapier. Es definiert Sachverhalte, die grundsätzlich nicht meldepflichtig sind. Die FIU stimmt sich dabei mit den Strafverfolgungs- und Aufsichtsbehörden ab, um eine einheitliche Bewertung meldepflichtiger Sachverhalte sicherzustellen.

Künstliche Intelligenz im Einsatz

Bei der Bearbeitung der Meldungen geht die FIU ebenfalls neue Wege: Seit dem 1. Januar 2024 setzt die Anti-Geldwäsche-Einheit ein automatisiertes Verfahren ein, um Verdachtsmeldungen schneller zu identifizieren – eine Umsetzung der seit dem 18. November 2023 geltenden neuen Vorgaben des Geldwäschegesetzes. Ergänzend kommt das IT-Tool „FIU-Analytics“ zum Einsatz. Es nutzt Künstliche Intelligenz zur Datenanalyse. Die finale Entscheidung, ob einem Geldwäscheverdacht weiter nachgegangen wird, treffe aber immer ein Mitarbeiter, versichert die FIU.FIU: Die Anti-Geldwäsche-Behörde stand in den vergangenen Jahren wiederholt in der Kritik. Foto: dpa

In der Vergangenheit hatte es bei der FIU teilweise große Probleme bei der maschinellen Bearbeitung von Verdachtsfällen gegeben. Ein bis 2023 eingesetzter Filter zur Vorauswahl von relevanten Fällen war offenbar so fehleranfällig, dass er nicht oder nur noch eingeschränkt eingesetzt werden konnte. So waren die Beamten der Kölner Behörde gezwungen, alle Fälle händisch zu bearbeiten.

Das führte dazu, dass die Geldwäschebekämpfer mit ihrer Arbeit nicht mehr nachkamen. Wegen der anhaltenden Probleme musste Amtsleiter Christof Schulte gehen. Bundesfinanzminister Christian Lindner machte zum 1. Juli 2023 Daniel Thelesklaf zum neuen Behördenchef.

Große Zahl offener Fälle

Thelesklaf muss die FIU schlagkräftiger und effizienter machen. Noch Anfang 2024 stapelten sich bei der FIU 160.000 unbearbeitete Verdachtsmeldungen. Eine Frage nach der aktuellen Zahl offener Fälle ließ der Behördensprecher unbeantwortet.

Trotz der aktuell leicht rückläufigen Tendenz bei den Verdachtsmeldungen ist das Aufkommen weiterhin hoch. Geldwäsche-Experten sehen eine Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt im Herbst 2018 als Ursache dafür, dass die Zahl der Verdachtsanzeigen 2019 zunächst die 100.000er-Marke und später die 200.000er-Marke überschritten

Damals bestätigte das Gericht ein Bußgeld gegen die Geldwäschebeauftragte einer internationalen Großbank. Diese hatte die Einzahlung von 500.000 Euro Bargeld durch die Witwe von Altkanzler Helmut Kohl nicht gemeldet, was sie laut Gericht „unverzüglich“ hätte tun müssen.

Seit dieser Entscheidung bekommt die FIU deutlich häufiger Post von den Banken, die selbst das Risiko von Sanktionen fürchten. „Dieses Urteil hat zu einer erheblichen Verunsicherung bei den Finanzinstituten geführt“, sagt Achim Diergarten, Finanzvorstand des Bundesverbands der Geldwäschebeauftragten.

Neue EU-Verordnung verschärft die Regeln

Experten wie Diergarten gehen davon aus, dass Banken und andere Unternehmen zukünftig noch häufiger Verdachtsmeldungen abgeben müssen. Grund dafür ist die neue EU-Geldwäscheverordnung, die verschärfte Sorgfaltspflichten mit sich bringt.Amla: Die neue europäische Geldwäschebehörde wird in Frankfurt ihren Sitz haben und soll in wenigen Monaten die Arbeit aufnehmen. Foto: dpa

Zukünftig müssen neben Banken und Casinos auch Händler von Luxusgütern sowie Anbieter von Kryptovermögenswerten ab bestimmten Summen ihre Kunden überprüfen und verdächtige Aktivitäten anzeigen. Unter gewissen Bedingungen sollen auch Profifußballvereine und -agenten verpflichtet werden, Transaktionen zu überwachen. Zudem soll künftig für Zahlungen mit Bargeld eine Obergrenze von 10.000 Euro gelten.

Mitte 2025 soll in Frankfurt außerdem die neue europäische Anti-Geldwäsche-Behörde Anti Money Laundering Authority (Amla) ihre Arbeit aufnehmen. Die italienische Juristin Bruna Szego soll erste Amla-Chefin werden. Der Plan, in Deutschland ein Bundesamt zur Bekämpfung von Finanzkriminalität zu etablieren, ist nach dem Bruch der Ampelkoalition dagegen vorerst vom Tisch“.